Landessozialgericht entscheidet
Urteil: Befreundeter Erntehelfer bei Unfall nicht abgesichert
Ablehnung eines Arbeitsunfalles bei geradezu selbstverständlichen Hilfsdienst zwischen Freunden
Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hatte über die Einstandspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung bei Verletzung eines guten Freundes der Familie durch Erntehelfertätigkeit im landwirtschaftlichen Betrieb zu entscheiden.
In der wetterabhängigen Landwirtschaft sind Ernte und Einlagerung nicht immer genau planbar, so auch im vorliegenden Fall. Da der Sohn des Landwirtes verhindert war, jedoch ohne Hilfe die Einlagerung der Ernte nicht möglich gewesen wäre, fragte der Landwirt einen Bekannte, mit welchem er seit 25 Jahren ein gutes Verhältnis pflegte. Der Bekannte sagte zu. Eine Vergütung wurde nicht vereinbart. Beim Einlagern der Strohballen kam es dann zum Unfall.
Die LBG lehnten den Antrag auf Zuständigkeit aus einem Arbeitsunfall ab. Im Bescheid wurde ausgeführt, dass es sich bei der verrichteten Tätigkeit um eine freundschaftliche Gefälligkeitsleistung gehandelt habe welche nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehe. Auch der Widerspruch des Geschädigten wurde abgelehnt, mit der weitergehenden Begründung, dass es sich bei der Tätigkeit am Unfalltag um eine nicht versicherte kurzfristige Hilfeleistung unter Bekannten/Freunden gehandelt habe.
Das Sozialgericht Konstanz gab den Geschädigten in erster Instanz recht und bestätigte den Unfall als Arbeitsunfall. Hiergegen legte die LBG Berufung ein, mit Erfolg.
Das LSG führt in seinen Leitsätzen zum Urteil vom 16. Juni 2023 (L 1 U 333/22) aus, die Annahme einer „Wie-Beschäftigung“ bei einem einmaligen Einsatz als Helfer bei der Ente in einem landwirtschaftlichen Unternehmen ist dann ausgeschlossen, wenn eine freundschaftliche oder ähnliche Beziehung besteht und diese die Grundlage der Hilfeleistung sei. Eine freundschaftliche Beziehung komme schon dann in Betracht, wenn die engeren Familien des Unternehmers und des Helfers befreundet seien. Es sei unerheblich, wenn die enge Freundschaft nur zwischen den jeweiligen Partnern bestehe und die Beziehung zwischen Unternehmer und Helfer eher etwas lockerer sei.
Eine Arbeitnehmerähnlichkeit besteht des Weiteren nicht, wenn keinerlei konkrete Gegenleistung für die Hilfe vereinbart oder in Aussicht gestellt wurde. Gerade der gegenseitige Austausch von Leistungen sei prägend für eine zumindest arbeitnehmerähnliche Tätigkeit. Auch der geplante Zeitrahmen von fünf bis sechs Stunden spreche nicht gegen die Annahme des LSG. Dies sei im Rahmen einer (zumal einmaligen) Mithilfe in der Landwirtschaft nicht ungewöhnlich und ginge insbesondere nicht über den Rahmen einer durch freundschaftliche Verbundenheit erbrachten Hilfe hinaus.
Autor: Katja Kuplich, LBV